Vorwort
Diese Veröffentlichung will nicht europäische Geschichte aufarbeiten; sie soll lediglich bei der Aufarbeitung von Beiträgen mit geschichtlichem Hintergrund aus der Zeit des 30jährigen Krieges behilflich sein.
Die komplizierten politisch-ökonomischen Strukturen dieser Epoche, die vielfach religiös überlagerten Machtkämpfe zwischen den Ständen und der kaiserlichen Zentralmacht in Wien, die vielschichtigen gesellschaftlichen, materiellen und persönlichen Abhängigkeiten der involvierten Akteure und das starke machtorientierte Verhalten der beteiligten Personen, machen eine Bewertung der Handlungen von Personen in dieser Epoche außerordentlich schwer.
Sehr häufig wechselten nicht nur die Offiziere und militärischen Führer, sondern auch die betroffenen Fürsten und beteiligten Diplomaten die politischen Koalitionen und Fronten. Wenn wirtschaftliche und politische Ziele es opportun erscheinen ließen, kämpften Feldherren der ehemaligen katholischen Liga gegen den Kaiser oder Protestanten gegen den König von Schweden.
Deshalb sollte man beim Studium der verschiedenen historischen Abschnitte dieses Krieges nachschlagen können, welche und wessen Interessen die gerade erwähnte Person zu diesem geschilderten Zeitpunkt vertrat. Zu diesem Zweck ist die Veröffentlichung geschrieben worden.
Die Idee zu diesem Buch kam mir beim Lesen von Schillers "Wallenstein" und seiner "Geschichte des Dreißigjährigen Krieges".
Nach der Lektüre des ausgezeichneten Werkes von C.V. Wedgwood "Der 30jährige Krieg", wollte ich die Idee fallen lassen, denn viele einflußreiche Personen sind dort mit ihren politischen und historischen Wirkungen präzise herausgearbeitet.
Beim Durcharbeiten der Werke von Ricarda Huch habe ich ein solches Nachschlagewerk vermißt und beim Lesen der beiden Bände von Golo Mann über Wallenstein wurde mir klar, daß ein derartiges Nachschlagewerk nicht nur sinnvoll und hilfreich wäre, sondern notwendig ist.
Der Leser wird allerdings beim Nachschlagen keine (bzw. keine beabsichtigte) geschichtliche Wertung der beschriebenen Personen finden. Das ist einerseits Vorsatz, andererseits auch gar nicht möglich bei der bereits existierenden Vielfalt unterschiedlicher Be- und Verurteilungen solcher herausragenden Persönlichkeiten wie Wallenstein, Gustav Adolf von Schweden oder Richelieu. (Allein schon bei Recherchen über Wallenstein sind mühelos 3000 Literaturquellen bekanntgeworden.)
Andererseits können Geschichte und Personen, die Geschichte schrieben, nicht völlig wertfrei dargestellt werden. Man muß Mord auch Mord nennen und sollte eine Gaunerei nicht in strategische Genialität ummünzen.
Was der Leser finden sollte, sind die wichtigsten Daten zum Lebenslauf der beschriebenen Personen und (soweit es die von mir verwendeten Quellen hergaben) ihr gesellschaftliches Umfeld, ihre Einflußnahme auf militärische oder politische Entscheidungen und Szenen aus ihrem Leben, um auch persönliche Zwänge und Triebkräfte zu verdeutlichen, ohne die das Verhalten der Menschen oft nicht erklärbar ist.
Schilderungen aus dem persönlichen Umfeld der behandelten Personen, Beschreibungen ihrer Verhaltensweisen und Taten werden z.T. wörtlich aus anderen Quellen zitiert, weil es geradezu ein Vergnügen ist, nachzulesen, wie unterschiedlich "Männer, die Geschichte machten", als Mensch von ihrer Nachwelt beurteilt werden.
Die Charakterisierung dieser Personen ist oft so einfühlsam und differenziert beschrieben, daß es keinen Sinn machte, bereits Geschriebenes neu zu formulieren. Ausführungszeichen, Zitate in Kursivschrift oder entsprechende Literaturhinweise heben diese Auszüge hervor und weisen dem Leser den Weg zum Autor dieser zitierten Interpretation menschlicher Handlungsweisen und Eigenarten.
Es wurden also Meinungen und Kommentare zusammengetragen, aus denen sich der geneigte Leser selbst ein Urteil bilden kann, oder was noch besser wäre - animiert wird zum Studium weiterer Literatur zum Thema.
In einem Nachschlagewerk wie im vorliegenden müssen die behandelten Personen zwar knapp, aber historisch möglichst in sich abgeschlossen vorgestellt werden, ohne daß Querverweise auf andere Biographien den Lesefluß stören. Es liegt in der Natur der Sache, daß bei diesem Anspruch Wiederholungen bei der Schilderung geschichtlicher Abläufe nicht zu vermeiden sind.
Wenn es möglich war, wurde der Text durch ein Bild der vorgestellten Person ergänzt.
Allerdings muß sich ein biographisches Nachschlagewerk zu dieser Epoche bewegter europäischer Geschichte im Umfang beschränken.
Konsequenterweise habe ich mich auf die mir wichtig erscheinenden Gestalten des deutschsprachigen Raumes konzentriert, also Gestalten, die dem Hause Habsburg in Wien verbunden oder feindlich gesinnt waren.
Leitfaden und Quellen der Kurzbiographien waren die Bücher, die im Anhang erwähnt sind und alle Hinweise mit geschichtlichem Hintergrund zu dieser Zeit - vom Geschichtsbuch über den Ausstellungs-Prospekt bis zum Zeitungsartikel.
Der historisch interessierte Leser wird bei der Lektüre ausgewählter Werke feststellen können, wie unterschiedlich Handlungsweisen und Personen in Abhängigkeit vom Betrachtungszeitraum oder gesellschaftlichem Umfeld des Autors beurteilt werden.
Vielleicht wird der Leser dann Auslassungen oder Straffungen der geschichtlichen Abläufe in der ihm nun vorliegenden biographischen Sammlung mit mehr Nachsicht begegnen.